Kristina Daniels kam mit ihren Eltern aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland. In Dresden leitet sie ein interkulturelles Zentrum – und sorgt sich um die Perspektive zivilgesellschaftlicher Arbeit.
Ich bin in Belgrad geboren. Als kleines Kind bin ich mit meinen Eltern nach Deutschland gekommen, nach Tuttlingen, gelegen ganz im Süden Baden-Württembergs. Unsere Familiensprache und meine Muttersprache waren immer deutsch. Und doch habe ich mich damals hier sehr fremd gefühlt.
Ich hatte keine Freunde und sehnte mich in die Großstadt Belgrad zurück, das fand ich viel schöner und interessanter als das langweilige Tuttlingen. Dass auch die kulturellen Unterschiede groß waren, habe ich erst später gemerkt. Die menschlichen Beziehungen in Deutschland, die sind emotional kühler als anderswo. Seitdem bin ich sensibel für kulturelle Unterschiede.
Was im Moment hier passiert, die Angriffe auf Menschen im Wahlkampf, das ist für mich ganz klar ein Muster der Einschüchterung. Damit soll Menschen Angst gemacht werden. Bedrohlich ist für uns als Verein das, was passieren wird, wenn die AfD mehr Einfluss im Kommunalen hat.
In die „Villa der Kulturen“ kommen Menschen mit Migrationsgeschichte, wir haben es uns zum Ziel gesetzt, ein Verständnis füreinander zu schaffen und auf das zu schauen, was uns verbindet. Das wird vorbei sein, wenn die AfD an Einfluss gewinnt. Es gibt für uns keine Sicherungsmechanismen, null. Wir ringen jedes Jahr neu mit dem Stadtrat um die institutionelle Förderung – und die AfD stimmt regelmäßig dagegen.
Wir führen soziale und interkulturelle Projekte durch und leben auch von Drittmitteln. Das Geld kommt vom Sozial- und Jugendamt, vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, vom Europäischen Sozialfonds oder von der Sächsischen Aufbaubank. Wenn das gestrichen oder massiv gekürzt wird, haben wir ein riesiges Problem – dann steht alles auf der Kippe.
Würde unsere Arbeit nicht mehr stattfinden, würde viel Integrationsarbeit wegfallen. Wir haben uns mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine sehr intensiv um ukrainische Frauen mit ihren Kindern gekümmert, die nach Dresden gekommen sind. Wir haben viel aufgefangen, mit Sprachunterricht und schulischen Anfangsstrukturen. Wir haben Unterricht gegeben auf Ukrainisch in den Fächern, in denen wir Lehrkräfte hatten, bis die Kinder in den regulären Unterricht eingegliedert werden konnten.
In unserem Team arbeiten 58 Personen – und damit sind wir ein wichtiger Arbeitgeber für Menschen, deren Abschlüsse hier (noch) nicht anerkannt sind, die sich aber im Laufe der Jahre so gut integriert haben, dass einige von ihnen die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben.
Wir tun einfach viel für die Integration von Menschen, die Kompetenzen, Qualifikationen und oft tolle Talente haben und geben ihnen das Gefühl der Wertschätzung. Ich hoffe nicht, dass dieses Haus wieder weg ist, bevor es so richtig angefangen hat. Mehr sorge ich mich um die vielen Organisationen, mit denen wir im Verbund agieren. Denn die sind ja genauso bedroht.
Wegzugehen aus Dresden, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Zum einen ist es eine tolle Stadt, zum anderen würde ich mich fühlen, als würde ich diese Menschen hier alle im Stich lassen.