Wenn Worte wie Gift wirken

Mit Kalkül verschiebt die AfD seit Jahren die Grenzen des Sagbaren und kreiert damit eine rechtspopulistische Parallelgesellschaft. Die Parlamente nutzt sie dabei als Studiobühne – für ihre Präsenz in den sozialen Netzwerken. Aus Worten sind längst Taten geworden.

„Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher. Wir haben allen Grund stolz auf unser Land zu sein und auf alle, die es aufgebaut haben“, sagt Maximilian Krah bei TikTok. Der Ex-Spitzenkandidat der AfD bei der Europawahl 2024 meint „unsere Opas und Omas“, die für nationalsozialistische Ideen in den Krieg gezogen sind und gemordet haben. Es gab natürlich einen Aufschrei, den Ruf nach Distanzierung. Das Video aber kursiert weiter.

Und der einstige Geschichtslehrer Björn Höcke, Fraktionsvorsitzender der AfD in Thüringen, hat längst Sätze wie „Das große Problem ist ja, dass man Hitler als das absolut Böse darstellt“ geprägt und wurde 2024 verurteilt, eine verbotene SA-Parole in eine öffentliche Rede eingebunden zu haben.

In der Folge wurde ebenjene Parole vielfach zitiert – in den Medien und wenig später in den Kommentarspalten von rechten Kanälen in den sozialen Netzwerken: provokativ in Gänsefüßchen gerahmt.

Ja, es kann tatsächlich sehr viel gesagt werden in einem Land, in dem laute Stimmen beklagen, es dürfe „gar nichts mehr gesagt werden“.

Die AfD hat den politischen Diskurs und die öffentliche Debatte verändert. Gerade in den vergangenen Jahren haben die Corona-Pandemie, der Angriff Putins auf die Ukraine und die „Bauernproteste“ antidemokratischen Ideen Auftrieb gegeben, sie anschlussfähiger gemacht und nachhaltig verankert.

Die AfD verfolgt bei all dem die Strategie, Keile zu treiben, aufzupeitschen, zu verdächtigen, zu beschuldigen. Was sie selbst nicht an Inhalten beitragen kann, fährt sie an Hass und Häme auf – gegen Deutschland, seine Parteien und Menschen, die für Fortschritt stehen.

Dass sich im Programm der Partei nicht einmal die aus dem Trump’schen Wahlkampf kopierte Forderung „Unsere Bürger zuerst“ erfüllt, sondern – im Gegenteil – eine AfD-Regierung ihren eigenen Wählenden sogar schaden würde, ist eine von vielen Tatsachen, die im Propaganda-Wind verwehen.

Was die AfD nicht inhaltlich beitragen kann, fährt sie an Hass und Häme auf.

In seinem Jahresbericht 2023 stellt der sächsische Verfassungsschutz für den Landesverband fest, die Partei strebe einen grundlegenden politischen Richtungswechsel an, den sie selbst als „Systemwechsel“ bezeichnet. Die bestehende politische Grundordnung werde gezielt „verächtlich“ gemacht, attestiert das Landesamt. Das Ziel: eine Herabwürdigung der Demokratie.

Doch Begrifflichkeiten wie „Diktatur“, „postdemokratischer Totalitarismus“, „Unrechtsregime“ und „Staats- und Propagandamedien“ sind längst keine Charakteristika allein der sächsischen AfD, sondern haben sich im Vokabular rechtsgerichteter Kreise längst eingebürgert.

Missliebige Personen aus Zivilgesellschaft, Kultur, Medien oder der Politik sollen „entfernt“ oder gar „geschlachtet“ werden. Entmenschlichungen und Vernichtungsfantasien dieser Art finden sich dort wieder, wo Faschismus seit Jahren gärt und nach Gerichtsurteilen und offiziellen Beobachtungen mittlerweile auch als solcher benannt wird: im Schlepptau der AfD.

Wenn auf Sylt rassistische Parolen als Partyhit dienen, ist das für Tausende im Netz abscheulich und untragbar – für die blaue Anhängerschaft eine Hymne. Es ist die angekündigte „Normalität“ für Deutschland, an der die AfD beharrlich arbeitet. Und die in die analoge Realität Einzug hält.

2023 sind laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz 29 000 rechtsextrem motivierte Straftaten registriert worden. Der erneute Anstieg im Gegensatz zum Vorjahr ist auch mit der Welle antisemitischer Übergriffe in Folge des Hamas-Angriffs auf Israel zu begründen. Die Impulse zum Handeln kommen von oberster politischer Ebene. Schon 2017 verkündete Alexander Gauland: „Wir werden sie jagen! Wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“

Seither erweitern AfD-Vertreter wie Maximilian Krah, Björn Höcke und Jörg Urban mit Tabubrüchen kontinuierlich die Grenzen des Sagbaren (wie es Gauland auch einst ankündigte) und verhelfen völkischen, rassistischen und diskriminierenden Aussagen zu neuer Salonfähigkeit.

Das Echo auf die geschürten Ängste sind Galgen auf Demonstrationen und – schlimmer noch – körperliche Angriffe.

Verbale Entgrenzungen auf Podien werden in sozialen Netzwerken verstärkt und unterfüttert. Die Wirkmechanismen des digitalen Neofaschismus sind simpel und erfüllen die Bedingungen der Plattform TikTok mit frappierender Passgenauigkeit: emotional, unterhaltsam, verknappt.

Argumentative Entgegnungen aus Richtung Plenum – oder in Talkshows von Seiten der Moderation – bleiben wohlweislich ausgespart, Aussagen werden dem Kontext entrissen. Was bleibt, sind markige Sätze wie diese: „Deutsche dürfen nicht zur Minderheit werden!“, „Unsere Zivilisation steht auf dem Spiel!“ oder „Altparteien gefährden die Demokratie!“

Praktische Umsetzung erfahren diese still platzierten Handlungsaufträge durch Tatbegehende, die viel zu häufig anonym bleiben. Denn das Echo auf die geschürten Ängste sind Galgen auf Demonstrationen und – schlimmer noch – Angriffe auf Synagogen, Geflüchtetenunterkünfte, migrantische Personen, Medienschaffende, politische Verantwortliche, Wahlhelfende.

Einschüchterungen führen zu einem Abbau von Demokratie.

„Es wurde ein Narrativ gesetzt, das jetzt ausbricht“, beobachtet Franz Zobel von der Opferberatung Ezra in Thüringen. Ein erster Peak ließ sich 2015 und 2016 ablesen, als sich der Hass wegen der Grenzöffnungen zusammenzog, erläutert er. Dann gab es eine neue Qualität während Corona: Lauterbach, Spahn, Merkel, Scholz und Drosten in Sträflingskleidung auf Plakaten oder abstruse Verschwörungserzählungen und die Stilisierung von Radikalen als Opfer einer vermeintlich gezielten Unterjochung. Damit sei es zu einer verstärkten Konzentration der Gewalt auf die Kommunalpolitik gekommen.

Mit den „Bauernprotesten“ folgten Dung-Attacken auf Büros der Parteien, eingeworfene Scheiben. „Am Ende geht es auch um ein Feindbild links“, sagt Zobel. Im Fadenkreuz stehen die Linke, die SPD und allen voran die Grünen. „Einzelne Menschen aus den Reihen von CDU und FDP legitimieren dieses Verhalten insofern, als dass sie die Schuld an den Eskalationen den Entscheidungen der Ampel-Koalition zuschreiben“, analysiert er.

So entsteht ein Eindruck von „selber schuld“. Die Einschüchterungen und Übergriffe begrenzen und verzerren außerdem den Diskurs. „Es entsteht ein Angstraum, der Menschen ausschließt – zum Beispiel, wenn sie dadurch Angst um ihre Familie haben.“ Im Fokus stehen dabei immer wieder Frauen, die in politischen Ämtern ohnehin unterrepräsentiert sind.

Letztlich führen Einschüchterungen und Bedrängungen dieser Art zu einem Abbau von Demokratie, weil sie Teilhabe einschränken. Und weil „markierte“ und damit bedrohte Parteien ihren Wahlkampf nicht ungehindert machen können, insbesondere im ländlichen Bereich, mahnt Zobel.

„Mit linken Argumenten katapultierst du dich als junge Frau schneller aus dem ‚Konsens der Mitte‘.“

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Laura Wahl sitzt seit 2020 für die Grünen im Thüringischen Landtag. Sie hat „an vielen Tagen schon Übergriffe auf ihr Parteibüro erwartet“. Der Hass habe zugenommen, Hemmschwellen seien insgesamt gesunken. „Vor allem bei Menschen, die vorher noch nicht in rechtsextremen Strömungen unterwegs waren.“

Eigentlich wolle sie sich verächtliche Kommentare gegenüber ihrer Person auf Social Media nicht so zu Herzen nehmen, aber der Gedanke, es könnten sich rechte Netzwerke oder Incels dahinter verbergen, treibe sie schon um. Es gehe schnell – und der eigene Name tauche in rechten Chatgruppen auf. Das kann Doxing – das Veröffentlichen personenbezogener Daten im Netz aufgrund bösartiger Absichten – und gezielte Angriffe nach sich ziehen.

Nach einer Rede im Landtag hätten sie unlängst zwei Kolleginnen bei Seite genommen: „Wir machen uns Sorgen um deine Sicherheit!“ Doch warum soll Wahl darum fürchten müssen? Weil sie als junge, weibliche Abgeordnete für Umweltthemen eintritt. Weil sie in ihren Reden gendert – das reicht oft, um Aggressionen hervorzurufen. „Mit progressiven Themen und linken Argumenten katapultierst du dich als junge Frau schneller aus dem ‚Konsens der Mitte‘, wie ich es mal nennen möchte.“

Schon ihr Auftritt sorge für eine erhöhte Lautstärke im Saal, erzählt Wahl. „Ich überlege bei Kulturkampfthemen wie dem Gendern schon, wie ich das einbringe, damit es nicht in Anschreien ausartet.“

Das Perfide daran ist, dass rechtsextreme und rechtskonservative Parteien Queersein, den menschengemachten Klimawandel, Asyl und Flucht erst zu Reizthemen stilisieren. Die AfD selbst befindet sich in einem regelrechten Anti-Gender-Rausch. Zumindest legen das die zahlreichen Anträge nahe, die die Partei wieder und wieder zu diesem Thema im Bundestag einbringt. Dabei war nie die Rede davon, eine gendersensible Sprache sei allgemein verpflichtend. Einen Zwang, nämlich zum generischen Maskulinum, haben mit einem Genderverbot diejenigen in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Hessen durchgesetzt, die am lautesten vor einer „Sprachpolizei“ warnten.

Gleichzeitig werden Maßnahmen gegen die bedrohlichen Veränderungen des weltweiten Klimas als Verbote gelabelt, Geflüchtete mit Kriminellen gleichgesetzt. Und Abgeordnete, die nun gegenteilige Positionen vertreten, werden als inkompetent dargestellt und herabgewürdigt.

„Sie bedienen sich der Lüge und es ist immer schwieriger, dem etwas mit demokratischen Mitteln entgegen zu setzen. Es dringt nicht richtig durch.“

Diese Erfahrung macht auch Christin Melcher, Landtagsabgeordnete der Grünen aus Leipzig. „Wir haben eine AfD-Fraktion, die sehr männlich dominiert ist, auch von älteren Männern – ohne das wertend zu meinen. Da entsteht schnell ein Raunen und es wird schnell respektlos, wenn jemand mit einer höheren Stimme vorne spricht.“ Es werde laut gelacht, konzertiert geklatscht. Es gebe Zwischenrufe, die Emotionen schaukelten sich hoch. Ein Stil, an den sich auch rechtskonservative Vertreter zunehmend anpassten.

Christin Melcher beobachtet, wie das Parlament von der AfD als Podium genutzt wird: Die Reden werden verkürzter, zugespitzter. „Sie wirken wie durch eine Propagandamaschine gezogen“, stellt sie fest. „Sie sind gespickt mit Buzzwords, um das später für das eigene Wählerklientel auf Social Media zu nutzen. Sie bedienen sich der Mittel des Populismus und der Lüge und es ist immer schwieriger, dem etwas mit demokratischen Mitteln entgegen zu setzen. Es dringt einfach nicht so richtig durch.“

Das ist auch die Realität bei Übertragungen aus dem Bundestag: Mitglieder der AfD halten Redebeiträge längst nicht mehr für das Parlament, sondern für die Kamera. Je konfrontativer, gehässiger, schäumender Alice Weidel, Tino Chrupalla und Co. auftreten, desto zuträglicher für deren Personenkult in Fankreisen, wo nicht wenige ihren Idolen „bis in den Tod folgen“ wollen.

„Die AfD appelliert an Emotionen wie Angst und Bedrohung.“

Um die eigenen Narrative zu stärken, stellt die Rechtsaußen-Partei vermehrt Anfragen in den Parlamenten, das nimmt auch Christin Melcher wahr. „Um an Informationen zu kommen, die sich skandalisieren lassen.“ Abgefragt werden die Förderung zivilgesellschaftlicher Initiativen, Kriminalstatistiken, Zahlen zu Schwangerschaftsabbrüchen oder Migration an Schulen.

Zahlen des Portals Statista bestätigen dieses Vorgehen auf Bundesebene. Seit 2021 gingen im Bundestag insgesamt 3 761 kleine Anfragen ein, davon wurden 1 694 alleine von der AfD gestellt (Stand: 2. August 2024).

„Die AfD appelliert – auch in den Anfragen – an Emotionen wie Angst und Bedrohung und will sie über die Antworten bestätigt bekommen. Die Partei nutzt parlamentarische Anfragen, um politische Gegner*innen, Geflüchtete, Muslim*innen, Sinti*zze und Rom*nja zu diffamieren und um unliebsame Institutionen zu diskreditieren“, erklärt die Amadeu Antonio Stiftung. Zur Zielscheibe seien insbesondere staatlich geförderte Initiativen geworden.

Heidrun Deborah Kämper vom Leibniz Institut für Deutsche Sprache hat die Sprach- und Kommunikationsstile der AfD im Parlament untersucht: „Es ist erkennbar (so legt es auch die qualitative Analyse nahe), dass es bedeutend häufiger notwendig ist, auf die Geschäftsordnung zu verweisen, seit die AfD im Parlament ist“, lautet ein Fazit der Studie.

Die AfD stört parlamentarische Abläufe durch laute, aggressive Äußerungen – und lässt sich auch von Ordnungsrufen nicht mäßigen. Im Gegenteil. Dem Präsidium werde weniger Respekt entgegengebracht und Anweisungen ignoriert. „Die Selbstdarstellungsebene wird über die Sachebene gesetzt und dominiert.“ Es zeichne sich ein klares Muster ab: Mitglieder der AfD platzieren provokante, menschenfeindliche Inhalte.

Daraufhin arbeiten sich Abgeordnete anderer Parteien daran ab, diese zu benennen, zu entkräften, auch zu verurteilen oder Entschuldigungen zu erwirken, während die AfD „mit denselben sprachlichen Elementen und kommunikativen Strategien angreift, mit denen sie angegriffen wird, um so ihrer Abwehr umso mehr Wirkung zu verleihen, denn so wird nicht nur der politische Gegner mit einer Schmähung belegt, sondern zugleich auch die ihr selbst zugeschriebene Eigenschaft zurückgewiesen.“

Nach außen hin inszeniert sie sich als „wahre Hüterin der Demokratie“, stellt Kämper am Beispiel des Stuttgarter Landtags fest. Es gehe dann nicht mehr um Sachthemen, sondern um die Verhandlung des Umgangs mit der AfD.

„Die in Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestufte Höcke-AfD muss als Unterstützungsgemeinschaft von rechter Gewalt gesehen werden.“

„Die in Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestufte Höcke-AfD muss als Unterstützungs-gemeinschaft von rechter Gewalt gesehen werden.“

„Die AfD wird gestärkt aus den Landtagswahlen hervorgehen“, sagt Franz Zobel von Ezra. „Sie wird ihren Machtanspruch deutlich machen und das kann zu Szenarien führen, mit denen Björn Höcke einen Bürgerkrieg meint. Davon werden marginalisierte Gruppen, aber auch demokratische politische Verantwortliche und zivilgesellschaftlich Engagierte stark betroffen sein.“ Es sei staatliche Verantwortung, durch Unterstützung Signale zu setzen.

„Es gibt ganz klar die Zusage der Bundesrepublik an die Europäische Union, dass fachspezifischen Gewaltopferberatungsstellen entsprechende Mittel vorgehalten werden“, macht Franz Zobel klar. Eine zentrale Forderung von Ezra ist außerdem, ein AfD-Verbot zu prüfen. „Die in Thüringen als gesichert rechtsextrem eingestufte Höcke-AfD muss als Unterstützungsgemeinschaft von rechter Gewalt und Terror gesehen werden.“

Über die AfD sprechen, mit der AfD sprechen: eine echte Herausforderung, insbesondere für den Journalismus. Medien stehen vor einem Dilemma, wie es Karl Poppers viel zitiertes Toleranz-Paradoxon beschreibt: Ihr Auftrag ist es, die politische Landschaft abzubilden. Zu der gehört die vielleicht schon bald insgesamt als rechtsextrem eingestufte Partei längst.

Doch einmal ans Mikrofon gebeten, spielen die Verantwortlichen nicht nach den gängigen Regeln des Dialogs. Es geht nicht um Austausch, Meinungen, Fakten. Es geht um die Bühne. So verschwimmt schnell der Fokus, Debatten arten in Agitation aus, Narrative werden verstärkt.

Im fragwürdigen Sinne episch war das wie ein Boxkampf beworbene TV-Duell zwischen dem thüringischen CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt und AfD-Chef Björn Höcke. Um sich gegenüber seinem Konkurrenten in Stellung zu bringen, machte Voigt unter anderem deutlich, den härteren Kurs gegen Asylsuchende zu fahren, um sich als Alternative zur Alternative darzustellen: „Ich habe in meinem Wahlkreis Kindergärten, da können Deutsche keine Plätze erhalten, weil sie für Ausländer reserviert sind. Das ist der falsche Weg“, so Mario Voigt. „Null illegale Migration“, forderte er im TV. Außerdem „harte rechtsstaatliche Unterstützung für unsere Polizei und Justizbehörden, konsequentes Rückführen und Abschieben, absolute Begrenzung durch Außengrenzenschutz“. Wer arbeite, sich an die Gesetze und die „Leitkultur“ halte, dürfe bleiben. Brandmauern? Wohl eher Gegenfeuer.

Die Verlierer dieser Debatten sind (wie immer) Menschen, die Hilfe suchen: Marginalisierte. Wer letztlich feixend im Scheinwerferlicht sitzt und blaue Herzen in den Kommentarspalten zählt, sind die Geladenen der AfD.

Im fragwürdigen Sinne episch war das wie ein Boxkampf beworbene TV-Duell zwischen Mario Voigt und Björn Höcke.

Wird die Partei nicht eingeladen oder „inhaltlich gestellt“, inszeniert sie sich gerne als Opfer, weicht aus oder leugnet. Bei eigenen Veranstaltungen sind eine unabhängige Berichterstattung meist unerwünscht. Medienschaffende werden angefeindet und bedroht. Wer auch noch in direkter Nachbarschaft arbeitet, überlegt sich inzwischen genau, sich dem auszuliefern und das Thema zu benennen – oder es lieber zu lassen. Unfreiheit der Presse durch Selbstzensur: ein bitteres Zeugnis.

Zur Etablierung der AfD könnte es keine bessere Analogie als Max Frischs Stück „Biedermann und die Brandstifter“ geben: Obwohl es von Anfang an nach Benzin riecht und das düstere Ende bereits absehbar ist, können sich die Pyromanen ungestört auf dem Dachboden einrichten.

Der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje hatte die Strategie der AfD bereits 2017 als „Propaganda 4.0“ bezeichnet und in vier Bausteine geteilt: Delegimitierung etablierter journalistischer Medien, Aufbau eigener, parteinaher Medienkanäle, Ausbildung einer rechten Parallelgesellschaft und die extreme Polarisierung von Diskursen. Wir sind mittendrin.

Bei den Wahlen im Osten droht ein Rechtsruck. Was tun? Haltung zeigen und mit anderen teilen: