Lara Arabi ist mit ihrer Familie vor dem Krieg in Syrien geflohen, um sicher leben zu können. Nach einem schwierigen Start arbeitet sie inzwischen als Sprach- und Integrationsmittlerin. Das Heimweh aber ist geblieben.
Als Familie sind wir 2014 nach Dresden gekommen und haben uns darum bemüht, dass wir schnell arbeiten können. Das war sehr anstrengend. Ich habe in Damaskus studiert und war Lehrerin an einem Gymnasium, aber weil der Weg in den Beruf ganz anders ist, konnte ich in Deutschland nicht als Lehrerin anfangen, habe aber Arabisch-Kurse an Schulen gegeben.
Ich habe ein Praktikum in einer Kita gemacht und wollte als Erzieherin arbeiten. Aber dafür hätte ich Sozialarbeit oder Sozialpädagogik studieren müssen und das habe ich wegen des geforderten Sprachniveaus nicht geschafft. Dass es so schwierig ist, das finde ich bis heute seltsam.
Ich kenne viele Lehrkräfte aus Syrien, die jetzt in Dresden leben und gerne ihrem Beruf nachgehen würden. Viele von ihnen arbeiten heutzutage als Schulassistent*innen oder als Sprach- und Integrationsmittler*innen, aber um als Lehrkräfte arbeiten zu dürfen, müssen sie Lehramt studieren.
Mein Mann und ich haben schnell damit angefangen, uns zu engagieren. Viele Geflüchtete wollen in diesem Land beruflich Fuß fassen und teilhaben. Aber viele von uns stehen vor diversen Herausforderungen. Wir versuchen immer, das Bild migrantischer Menschen zu verbessern. Manchmal hörten wir „Scheiß Ausländer“. Sicher gibt es Menschen, die sich schlecht verhalten, aber alle in einen Topf zu werfen, finde ich unfair, weil wir uns einbringen.
Wir sind nicht hier, um jemandem die Steuern wegzunehmen. Und wir sind nicht freiwillig gekommen. Wir wollten unsere Kinder in Sicherheit bringen – und dafür sorgen, dass wir in einem freien Land leben können.
Pegida oder die AfD spielen für uns eigentlich keine große Rolle. Wichtiger ist für uns, welche Möglichkeiten wir hier haben. Wir haben als Familie die Unterstützung von verschiedenen Beratungsstellen bekommen, es gab im Rathaus interkulturelle Tagungen, an denen wir teilgenommen haben. Die Stadt hat Ausflüge für uns organisiert. Es wurde viel möglich gemacht!
Rassismus gibt es überall, das ist so. Das ist auch nicht problematisch, wenn der Anteil von Rassist*innen nicht mehr als zehn Prozent beträgt. Als 2003 der Krieg im Irak ausgebrochen ist, sind fast zwei Millionen Menschen nach Syrien geflohen. Sie hatten Geld, sie hatten die gleiche Religion, Kultur und Sprache. Rassismus gab es trotzdem, weil sich die Wohnungspreise erhöht haben zum Beispiel. Das ist einfach normal.
Wir haben auch schon in Russland gelebt. Und als wir geflüchtet sind, haben wir eine Weile in Jordanien gelebt – auch dort war der Rassismus zu spüren.
Mein Mann und ich glauben an das politische System und die Strukturen in Deutschland. Die Demokratie ist stabil, es gibt ausreichend Institutionen, die gegensteuern. Ja, es kann sein, dass die AfD bei der Landtagswahl im Herbst 30 Prozent der Stimmen bekommt. Aber es gibt ja auch andere Parteien mit einer ganz anderen Haltung.
Dass wir auf die Demokratie in Deutschland vertrauen, hat auch mit unserer Geschichte zu tun. In Deutschland dürfen wir unsere Meinung frei äußern. Und wir werden nicht einfach auf der Straße geschnappt, in ein Auto gesetzt und kommen dann 20 Jahre später wieder, vielleicht auch nur als Leiche.
Mein Mann ist SPD-Mitglied und nachdem er sich auf einer Veranstaltung im Deutsch-Russischen Kulturinstitut zu Wort gemeldet hatte, wurde er von einem Mitglied der AfD-Stadtratsfraktion eingeladen. Es gab ein Gespräch über Flucht, Migration und Werte. Aufeinander zugehen, das funktioniert immer, um Probleme zu lösen oder zumindest deren Folgen zu mildern.
Wir haben gedacht, dass wir wieder nach Hause gehen können. Davon habe ich lange geträumt. Ich vermisse meine Eltern, meine Schwester. Wir hatten Hoffnung, dass sich Syrien demokratisch entwickelt. Aber es ist kompliziert.
Und jetzt können wir nicht mehr gehen, weil unsere Kinder hier verwurzelt sind. Sie machen Abitur und studieren. Dass sie nicht zurückwollen, damit hätte ich nicht gerechnet. Aber wir sind glücklich hier, auch wenn wir immer ein bisschen zwischen den Welten bleiben werden.